Schüler des Bildungszentrums schauen hin
27. Januar, dunkle Nacht, Nieselregen. Vor der ehemaligen Synagoge in Oberdorf drängen sich Kopf an Kopf Jugendliche aus allen drei Schularten. In Gedanken sind sie bei den jüdischen Mitmenschen, die von hier aus ihren Weg in die deutschen Konzentrationslager antreten mussten. Sie entzünden Kerzen unter dem Motto „Wir schauen hin – wir vergessen nicht“. Schweigend geht es in einem langen Zug hinauf zum Bildungszentrum. Dort im Hof, markieren die Schüler mit ihren Lichtern einen Davidstern – Symbol des jüdischen Glaubens.
Dann beginnt die Feierstunde in der Aula. Ein leerer Stuhl, eine weiße Rose, eine brennende Kerze, ein schwarzer Vorhang. Nichts lenkt ab. Der Fokus der Aufmerksamkeit liegt bei den jüdischen Mitbürgern, die von Oberdorf aus auf ihre Reise in den Tod geschickt wurden. Stellvertretend für alle Oberdorfer Juden, stellen die Jugendlichen einzelne Biographien vor. Aus den Namen werden Gesichter, Menschen, Lebensläufe, geplatzte Lebensträume. Das geht unter die Haut.
Es folgt die Verlesung der Namen und der Lebensdaten aller 88 jüdischen Mitbürger. Für jedes Schicksal heften Schüler einen Davidstern an den schwarzen Bühnenvorhang. Wie ein leuchtendes Mahnmal heben sich die Sterne vor dem schwarzen Hintergrund ab. Die Sterne appellieren an unsere Verantwortung: Nie wieder! Dieses Bild prägt sich den Besuchern des Abends ins Gedächtnis ein.
Dass sich dieses schreckliche Kapitel der deutschen Geschichte hier oder anderswo nicht mehr wiederholt, ist es wichtig genau hinzuschauen, nicht zu verharmlosen, nicht zu vergessen, geschichtliche Tatsachen nicht zu verdrehen. Darin sind sich die Redner der Gedenkfeier einig: Geschichtslehrerin Katja Dritschler, Konrektorin Dr. Carol Merk-Rudolph, ehemaliger Landtagsvizepräsident Dr. Alfred Geisel, Vorsitzender des Fördervereins ehemalige Synagoge Oberdorf und die beiden Werkrealschullehrerinnen Anna Sekler und Vera Seidel.
Ein fünfköpfiges Lehrerensemble der Realschule unter der Leitung von Ann-Kathrin Kuhn und Marcel Neubauer sowie Gymnasiallehrer Matthias Müller mit seiner Schülerin Ida Chu bereichern die Gedenkfeier mit ihren Musikbeiträgen. Die Schülerimpulse mit Lichtmeditation der R10a verstärken die nachdenklich feierliche Stimmung des Abends.
Zum Abschluss noch ein besonderer Gänsehautmoment: Schüler, Eltern und Lehrer singen gemeinsam das Lied „Wir ziehen in den Frieden“ von Udo Lindenberg.
Damit der Abend noch lange nachhallen wird, haben die Schüler der Werkrealschule allen Besuchern einen Button zum Anstecken mit dem Motto des Abends „Wir schauen hin“ mit auf den Weg gegeben.